Touchpoints

Die wundersame Welt der YouTube-Stars

Laptop mit Maus und Hand
Beitrag von Falk Ebert  | Montag, 22. Februar 2016
Kategorie: Touchpoints

Mitten im Leben der Jugendlichen

Als Video-Hoster ist YouTube der breiten Masse längst bekannt. Aber taucht man etwas tiefer in die Welt aus YouTube-Stars, Challenges, Let’s Plays und Shopping Hauls ein, tun sich interessante Perspektiven auf.

Der schwere Zugang

 Wobei man an Stelle von „interessant“ auch „seltsam“ verwenden darf: Es gibt wohl keinen Volljährigen, dem sich beim Schauen der Kanäle von Bibi, MissesVlog, SimonDesue oder anderen YouTube-Stars nicht die Nackenhaare aufstellen. Die „Jump Cuts“ genannten sichtbaren Schnitte und die schnellen Themenwechsel bringen die Videos auf ein ungewohntes Tempo. Die wiederholten Aufrufe zum Liken, Kommentieren und Teilen erscheinen redundant. Die Video-Welt auf YouTube erscheint in ihrer Gesamtheit zunächst banal und oberflächlich.

Und dennoch ist es wichtig, in diese Welt einzutauchen, den Überblick zu behalten, die Kultur dahinter zu verstehen.

Warum YouTube wichtig ist

Die Relevanz des Kanals YouTube lässt sich zunächst mit bloßen Zahlen belegen. Der Dienst wird inzwischen von über einer Milliarde Nutzer verwendet. Pro Minute werden dort mehrere hundert Stunden Videomaterial hochgeladen. In Deutschland nutzen neuerdings mehr Menschen YouTube als Facebook. Darunter sind auch Nutzer, die mit digitalen Kanälen sonst nur schwer zu erreichen sind. Die bezahlte Reichweite auf YouTube bietet zielgenaues Targeting, transparente KPIs und zahlreiche Möglichkeiten zur Interaktion.

Doch YouTube ist auch jenseits der Betrachtung durch die reine Media-Brille interessant. Man muss den Kanal genauso als Ökosystem mit ganz eigener Kultur begreifen. Besonders im Einsatz für das Kinder- und Jugendmarketing ist das unersetzbar.

YouTuber haben geschafft, woran Verlagshäuser und TV-Produzenten sich jahrelang die Zähne ausgebissen haben: Sie produzieren täglich Content, der junge Zielgruppen begeistert. Comedy für Teenager, authentischer Umgang mit Themen wie Sexualität, die Auseinandersetzung mit Gaming-Kultur – damit überzeugen die klassischen Medien kaum. Trotz KiKa, Bento und Co.

Klar gibt es zahlreiche andere Plattformen, die Jugendliche täglich nutzen. Fragen wir unsere Schülerpraktikanten, fallen da Namen wie Tumblr, Snapchat, Twitch. Auch Facebook ist bei weitem nicht tot, wie im vergangenen Jahr mehrfach prognostiziert wurde. Doch YouTube ist nach wie vor der etablierte Standard und das Zentrum der Mediennutzung der meisten Kids.

Die neuen Gatekeeper

Die Schlüsselrolle haben dabei die Stars inne, die nicht nur millionenstarke Followerschaft mitbringen, sondern auch ganz eigene Stile. Ob Comedy, Shopping, Let’s Play oder kreative Nischen wie Kochen zu Metal-Musik – auf YouTube haben sich inzwischen ganz eigene Formate heraus gebildet, die man nicht aus dem Fernsehen kennt. Das reine Führen eines audiovisuellen Tagebuchs (Vlog) spielt inzwischen eine untergeordnete Rolle. Viele YouTuber, die mit solchen Formaten angefangen haben, produzieren inzwischen Videos mit kreativerer Themenwahl. Im Mittelpunkt steht aber immer eines: ihre starke Persönlichkeit mit charismatischer Wirkung auf ihre Zuschauer.

Um Authentizität geht es dabei längst nicht mehr. Es geht um einen distinktiven Stil und eine völlig neue Definition davon, was ein „professionell“ oder „gut“ gemachtes Video ist. Und dabei lassen sich die Akteure ungerne einschränken oder reinreden.

Diese neue Gatekeeper-Funktion erfordert Umdenken in der Markenkommunikation, ist aber Relevanz-Garant. Denn wer sich auf das Abenteuer einlässt, muss möglicherweise Abstriche bei der Stringenz des Auftritts der eigenen Marke machen, bringt sein Produkt aber mitten in die Lebenswelt der Zuschauer. Hat man erst mal raus, wie Marken auf YouTube in Aktion treten können, ist YouTube viel mehr als nur der Ort, an dem der klassische Fernsehwerbespot online verlängert wird.